Paper of the Month #22 |
15.12.2010 |
Stiftung für Patientensicherheit, Schweiz: Paper of the Month #22 – "Einfluss des Designs von Patientenzimmern auf die Hände-Desinfektion"
Birnbach DJ, Nevo I, Scheinman SR, et al.: Thema: "Einfluss des Designs von Patientenzimmern auf die Hände-Desinfektion"Die Innen-Architektur von Spitälern und damit die Arbeitsumgebung von Fachpersonen können einen erheblichen Einfluss auf die Patientensicherheit haben. Typische Beispiele dafür sind die Lichtsituation beim Richten von Medikamenten oder die Platzierung von Mobiliar in Patientenzimmern. Häufig werden solche Aspekte allerdings erst nach dem Bau und der Ausstattung von Spitälern durch Erfahrung der Anwender erkannt und können dann oft nur schwierig berücksichtigt werden (z.B. durch Umbaumassnahmen). Birnbach et al. untersuchten den Einfluss der Platzierung von Desinfektionsmittel-Spendern auf die Durchführung der Hände-Desinfektion bei simulierten Patientenbehandlungen. Im Rahmen des Neubaus einer US-amerikanischen Universitätsklinik wurde ein Modell der zukünftigen Patientenzimmer in realistischer Grösse aufgebaut. Der Spender für die Alkohollösung zur Händedesinfektion wurde sequentiell an zwei verschiedenen Lokalisationen im Raum installiert: Bei einer Lokalisation war der Spender direkt neben dem Patientenbett angebracht, so dass er direkt im Sichtfeld einer Fachperson ist, die mit dem Patienten kommuniziert oder den Patienten untersucht oder behandelt. Bei der zweiten Installation wurde der Spender in der Nähe der Tür angebracht. In dieser Anordnung war der Spender nicht von einer Fachperson aus zu sehen, wenn sie am Patientenbett steht. Diese Lokalisation war durch das Architekturbüro für die Waschbecken in den zu bauenden Patientenzimmern geplant und ist heute in vielen Spitälern anzutreffen. 52 Ärzte wurden randomisiert auf die zwei Lokalisationen des Spenders. Ein Schauspieler simulierte als standardisierter Patient mit vorgegebenen Texten eine Erkrankung, die eine körperliche Untersuchung erforderlich macht. Die Ärzte waren aufgefordert, den Patienten genauso zu behandeln, wie sie dies üblicherweise in ihrem Spital tun würden. Die Durchführung der erforderlichen Händedesinfektion vor der körperlichen Untersuchung wurde durch zwei Beobachter registriert. Die 26 Ärzte, die der ersten Lokalisation zugeordnet wurden, wo also der Desinfektionsmittel-Spender direkt im Sichtfeld angebracht war, desinfizierten sich in 54% der Untersuchungen vorgängig die Hände. In der Vergleichsgruppe (ebenfalls 26 Ärzte), für die der Spender in der Nähe der Tür angebracht war, führten die Ärzte nur vor 12% der Untersuchungen die Händedesinfektion durch. Die Resultate zeigen eindrücklich den Effekt, den die patientensicherheitsorientierte Gestaltung und Ausstattung von Spitälern haben kann. Sind diese Effekte bekannt, können sie relativ einfach bei Neu- und Umbaumassnahmen berücksichtig werden und dann einen erheblichen Beitrag für die Verbesserung der Patientensicherheit leisten. Besonders hervorzuheben an der Studie ist, dass sie im Gegensatz zu vielen beschreibenden Untersuchungen den Einfluss des Arbeitsumfeld-Designs auf einen wichtigen Indikator der Patientensicherheit, nämlich die Durchführung der Händedesinfektion, quantifiziert. Ähnliche Simulationen können auch in kleineren praxisnahen Untersuchungen in Spitälern durchgeführt werden, z.B. um die Platzierung von Materialschränken oder den Effekt von verschiedenen Leuchtmitteln zu prüfen. Leider wird der Einfluss der Arbeitsumgebung auf die Patientensicherheit häufig erst im Rahmen einer Fehleranalyse erkannt. Prospektive Evaluationen des Designs auf Risiken für die Patientensicherheit sind im Zuge von Neubauten oder Umgestaltungen jedoch grundsätzlich zu fordern. PD Dr. D. Schwappach, MPH, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Patientensicherheit. Dozent am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern Link zum Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20584700
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