Paper of the Month #23 |
14.02.2011 | |||||||||||||||
Stiftung für Patientensicherheit, Schweiz: Paper of the Month #23 – "Disproportionalitäts-Methode zur Analyse von Fehlermeldungen am Beispiel Langzeitpflege"
Hansen RA, Cornell PY, Ryan PB, et al.: Thema: "Disproportionalitäts-Methode zur Analyse von Fehlermeldungen am Beispiel Langzeitpflege"
Viele Einrichtungen der Gesundheitsversorgung verfügen heute über interne Fehler-Meldesysteme. Solche Systeme können bei konsequenter Nutzung durch die Mitarbeitenden Aufschluss darüber geben, welche sicherheitsrelevanten Ereignisse in der einzelnen Institution auftreten und unter welchen Konstellationen. In vielen Einrichtungen, gerade auch in der Langzeitpflege, stehen jedoch häufig nur begrenzt Ressourcen zur Auswertung der Meldungen zur Verfügung. Dies erschwert die Identifizierung von spezifischen Risiko-Konstellationen und damit auch gezielte Verbesserungsanstrengungen. Die einfache Auswertung von Meldehäufigkeiten führt jedoch oft zu falschen Schlüssen. Hansen et al. stellen eine einfache Methode vor, die Auskunft darüber geben kann, welche Medikamente und Medikamenten-Ursache-Kombinationen überproportional in gemeldeten Fehlern vertreten sind. Bei der "Disproportionalitäts-Analyse" handelt es sich um ein sehr einfaches Verfahren, das keine statistischen Kenntnisse erfordert und andere deskriptive Auswertungen (z.B. einfache Häufigkeitszählungen) sinnvoll ergänzen kann. Grundlage der "Disproportionalitäts-Analyse" ist die aus der Epidemiologie bekannte Kreuztabelle. Dabei werden spezifische "Ursachen" (z.B. Verwechslung oder Verordnungsfehler) und involviertes Medikament (oder Medikamentengruppe) kreuztabelliert. Berechnet wird dann die "proportional reporting ratio" (PRR). Dafür wird die Anzahl der Meldungen einer bestimmten Medikamenten-Ursachen Kombination (a: Medikament A, Verwechslungen) geteilt durch die Gesamtzahl aller Meldungen zum Medikament A (a+c) ins Verhältnis gesetzt zur Anzahl aller sonstigen Meldungen mit Verwechslung (b) geteilt durch die Anzahl aller Meldungen (b+d).
So werden Arzneimittel-Ursachen Kombinationen identifiziert, die häufiger gemeldet werden als erwartet würde, wenn Medikament und Ereignis unabhängig voneinander wären. In den von Hansen et al. analysierten Daten zeigte sich beispielsweise, dass die Kombination von Morphin und Namens-verwechslungen disproportional häufig gemeldet wurde, während die einfache relative Häufigkeit dieser Kombination unauffällig ist. Die Autoren geben Empfehlungen unter welchen Bedingungen eine PRR als auffällig zu betrachten ist. Hansen et al. wenden das vorgestellte Verfahren auch an, um Medikamenten-Ereignisse einer individuellen Einrichtung im Verhältnis zu allen Meldungen eines nationalen Melderegisters zu analysieren. Damit können in einem ersten Schritt disproportionale Häufungen von bestimmten Medikamenten-Ereignissen identifiziert werden. Dabei muss natürlich immer kritisch geprüft werden, ob es nicht-sicherheitsbezogene Faktoren gibt, die das disproportionale Vorliegen bestimmter Meldungen erklären. Dies könnte beispielsweise sein, wenn sich das Meldeverhalten für bestimmte Medikamenten-Ursachen Kombinationen systematisch vom Meldeverhalten anderer Kombinationen unterscheidet. Die Disproportionalitäts-Analyse ist ein einfaches und ergänzendes Tool, um Fehlermeldungen für das interne Risikomanagement gezielt nutzbar zu machen. Es können damit Auffälligkeiten identifiziert werden, die mit einer reinen Häufigkeitsanalyse unerkannt bleiben oder sogar falsch eingeschätzt werden. PD Dr. D. Schwappach, MPH, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Patientensicherheit. Dozent am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern Link zum Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20684035 (Den Volltext können wir aus Copyright Gründen leider nicht mit versenden). "Paper of the Month" Mit dem "Paper of the Month" möchte die Stiftung für Patientensicherheit eine interessante Dienstleistung für diejenigen Personen erbringen, die einerseits bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen up-to-date sein möchten, andererseits nicht über die Ressourcen verfügen, das gesamte Feld zu beobachten. Die Stiftung für Patientensicherheit stellt etwa alle vier Wochen eine aktuelle wissenschaftliche Studie zur Patientensicherheit und ihre Kernergebnisse vor. Sie wählt dafür internationale Studien aus, die einerseits eine hohe Qualität aufweisen und die sie andererseits subjektiv als wichtig beurteilt, zum Beispiel aufgrund einer wichtigen Fragestellung oder einer innovativen Methodik. |