Paper of the Month #31 |
25.04.2012 |
Stiftung für Patientensicherheit, Schweiz: Paper of the Month #31 – "Teamverhalten bei der Händedesinfektion"Haessler S, Bhagavan A, Kleppel R, Hinchey K, Visintainer P:Getting doctors to clean their hands: Lead the followers BMJ Quality & Safety 2012, epub ahead of print, DOI: 0.1136/bmjqs-2011-000396 Thema: "Teamverhalten bei der Händedesinfektion"Die Spitalinfektionen stellen immer noch ein bedeutendes Problem der Patientensicherheit dar. Die korrekte Desinfektion der Hände ist eine wirkungsvolle Massnahme, um die Infektionsrate zu reduzieren. Mit verschiedenen Kampagnen, Hilfsmitteln, und Schulungen können gute Erfolge im Desinfektionsverhalten der Spitalmitarbeiter erzielt werden. Es zeigt sich aber auch, dass eine nachhaltig hohe compliance mit der Händedesinfektion oft schwer zu erreichen ist. Die soziale Norm und das Verhalten der Kollegen in einem Spital können einen erheblichen Einfluss auf das Händedesinfektionsverhalten haben, gerade in Ausbildungsinstitutionen in denen das soziale Lernen, z.B. bei Visiten, eine grosse Rolle spielt. Haessler et al. untersuchten nun in einer Beobachtungsstudie den Einfluss von zwei Faktoren auf das Händedesinfektionsverhalten in Teams: Das Desinfektionsverhalten des ranghöchsten Mitarbeiters sowie die Händedesinfektion derjenigen Person, die als erste das Patientenzimmer betritt. Die Annahme war, dass sich die nachfolgenden Mitarbeiter eher die Hände desinfizieren werden, wenn die zuerst eintretende Person dies tat und wenn der ranghöchste Mitarbeiter sich die Hände desinfiziert. In der Studie wurden die Visiten von neun Teams in der inneren Medizin an einem Lehrkrankenhaus mit 659 Betten über einen 3-Monatszeitraum beobachtet. Jedes Team bestand aus einem leitenden Arzt, drei Assistenzärzten und zwei Studenten. Das Händedesinfektionsverhalten wurde durch einen inkognito-Beobachter verdeckt beobachtet und dokumentiert. Für jedes Teammitglied wurde dokumentiert, an wievielter Stelle die Person das Patientenzimmer betrat und verliess. Entsprechend existierender Leitlinien wurden die Händedesinfektionsanlässe und die durchgeführten Desinfektionen ebenfalls für jede Person registriert. Insgesamt wurden 718 Desinfektionsanlässe vor und 744 Desinfektionsanlässe nach einem Patientenkontakt registriert. Die Gesamtcompliance war 52% vor und 70% nach Patientenkontakt. Die compliance variierte stark zwischen den Ausbildungs- bzw. Hierarchiestufen und war am höchsten bei den Studenten. Die compliance mit der Händedesinfektion der Teammitglieder war deutlich höher, wenn die erste Person, die das Patientenzimmer betrat, sich die Hände desinfiziert hatte (64% vs. 45%, p=0.002). Wenn der leitende Arzt die Händedesinfektion durchführte, lag die durchschnittliche compliance im Gesamtteam bei 66%, im Vergleich zu 42% wenn der leitende Arzt die Hände nicht desinfizierte (p<0.001). Dieser Effekt war auch zu beobachten, wenn der leitende Arzt nicht als erster den Raum betrat. Auch dann zeigten die nachfolgenden Teammitglieder eine höhere compliance, wenn der leitende Arzt die Hände desinfizierte, als wenn er dies nicht tat. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für das Verhalten beim Verlassen des Patientenzimmers beobachtet. Auch hier hatte die Händedesinfektion des leitenden Arztes einen erheblichen Effekt auf die compliance der Teammitglieder, auch wenn er nicht als erster den Raum verliess. So konnte beispielsweise beobachtet werden, dass die erstverlassenden Teammitglieder zur Händesdesinfektion zurückkehrten, wenn sie sahen, dass der ihnen folgende leitende Arzt sich die Hände desinfizierte. Haessler et al. zeigen in ihrer Studie einen doppelten "follower"-Effekt, der sich einerseits auf die Reihenfolge, andererseits auf die Hierarchie bezieht. Dies zeigt, dass neben Erinnerungseffekten auch der soziale Druck der Kollegenschaft einen grossen Einfluss auf das Händedesinfektionsverhalten hat. Der Effekt der Vorbildrolle des leitenden Arztes wird in dieser Studie sehr deutlich und erinnert daran, wie wichtig das korrekte Händedesinfektionsverhalten vor allem bei Vorgesetzten und in Kontexten des sozialen Lernens ist. Sich diesen Effekt für das Lernen von patientensicherheitsförderndem Verhalten zu Nutze zu machen ist ein erfolgversprechender Weg! Prof. Dr. D. Schwappach, MPH, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Patientensicherheit. Dozent am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern Link zum Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22357778 (Den Volltext können wir aus Copyright Gründen leider nicht mit versenden). |