Fachkommentar zu Fall 16494 KH-CIRS-Netz Deutschland |
07.11.2011 |
Fall-Nr. 16494: „Überwachung der Sedierung“ Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI) Download Fachkommentar Fall-Nr. 16494 (PDF) Autor: Dr. med. Paul Frank In dieser Meldung wird über einen Patienten berichtet, der während einer (Analgo-)Sedierung für eine Linksherzkathether-Untersuchung ateminsuffizient und reanimationspflichtig geworden ist. Offensichtlich waren zu diesem Zeitpunkt nur die am Tisch gebundene assistierende Pflegekraft und der die Untersuchung durchführende Arzt anwesend. Der Meldung ist leider nicht zu entnehmen mit welchem Medikament, welcher Dosierung und welchem Monitoring die Sedierung durchgeführt wurde. Jede Sedierung birgt für den Patienten erhebliche Risiken. Da eine (Analgo-)Sedierung stets eine Gratwanderung zwischen Bewusstseins- und Schmerzausschaltung und (zu) tiefem Schlaf ist, gilt es bei der Durchführung einige Grundvoraussetzungen strikt zu beachten:
Patienten für Sedierungen sollen genauso behandelt bzw. vorbereitet werden, als ob sie eine Narkose für eine Operation erhalten würden. Die Einhaltung der Nüchternheitsgrenzen (6h feste Speisen, 2h klare Flüssigkeiten) sind wichtig, da es bei Sedierung (nicht gesicherter Atemweg!) und nicht nüchternem Patient durchaus zu schweren Aspirationen kommen kann. Alter, Gewicht und Vorerkrankungen sind zu erfragen und bei der Wahl der zu verwendenden Medikamente zu berücksichtigen. Gerade bei alten, multimorbiden Patienten ist die Wahl des Medikaments eine Wahl zwischen Scylla und Charybdis: Propofol z.B. (das laut Packungsbeilage im Übrigen nur durch anästhesiologisch bzw. intensivmedizinisch ausgebildete Ärzte angewendet werden darf) ist stark kreislaufdepressiv, Midazolam hingegen führt bei diesen Patienten recht schnell zu Atemdepression. S-Ketamin wiederum ist bei KHK relativ kontraindiziert. Den Patienten soll über eine Nasensonde oder Maske Sauerstoff angeboten werden. Zu bedenken ist, dass auch bei hohem Flow die inspiratorische Sauerstoffkonzentration mit diesen Hilfsmitteln auf maximal 40 - 50 % angehoben werden kann. Die Überwachung der peripheren Sauerstoffsättigung (SpO2) ist essentiell. Am Gerät sollte der Pulston aktiviert sein und die Pulstonquelle auf SpO2 gestellt werden. Somit besteht sowohl eine optische als auch eine akustische Überwachungsmöglichkeit der Sättigung, da eine Änderung der Pulstonhöhe auf eine fallende Sättigung hinweist. Weitere sehr hilfreiche Monitoring-Tools sind Sauerstoffnasenbrillen mit Kapnometrie. Über ein Nasenloch wird Sauerstoff geleitet, über das andere jedoch ein Luftstrom abgezogen und das expiratorische CO2 in der geeigneten Monitoreinheit gemessen und auf dem Monitor angezeigt. Somit besteht die zeitnahste Möglichkeit der Respirationskontrolle. Eine Bradypnoe kann also schon vor einem Abfall der Sättigung erkannt werden. Nach erfolgreicher Durchführung der Sedierung muss der Patient noch eine angemessene Zeit fachgerecht überwacht werden um evtl. "perioperative" Gefährdungen zu vermeiden. Ohne die Gegebenheiten in der Klinik des Melders zu kennen, liegt es jedoch nahe, eine der Ursachen für dieses Ereignis in Personalmangel und Arbeitsbelastung zu sehen (wie vom Melder angegeben). Die Sicherheit des Patienten sollte stets absolute Priorität haben, auch wenn dafür zwei erfahrene Ärzte gebunden werden müssen. Die vom Melder gewünschte Anwesenheit einer zusätzlichen Pflegekraft ist zwar sinnvoll, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Sedierung eine ärztliche Aufgabe ist die nur sehr eingeschränkt delegierbar ist. Eine Zusammenfassung der erwähnten Leitlinie (Zusammenfassung der S3-Leitlinie „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie“) findet sich unter: http://www.dgai.de/aktuelles/S3_Leitlinie_Sedierung.pdf Dr. med. Paul Frank, DESA, Facharzt für Anästhesiologie Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen |