Fachkommentar zu Fall des Monats 04/2019 KH-CIRS-Netz Deutschland |
10.04.2019 |
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „April 2019“: „Umgang im Verfahren mit Kreuzblut“ Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI) Download Fachkommentar Fall-Nr. 194401 (PDF) CIRS-Team des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fehlende Beschriftung von Laborproben, histologischen Proben oder Blutentnahmen bzw. auch durch Vertauschen der Proben können schwere Folgen für die Patienten haben. Schließlich können sich aus den Untersuchungsergebnissen wichtige therapeutische Konsequenzen ergeben bzw. kann eine fehlerhafte Therapie (oder ein verspäteter Therapiebeginn) wegen falscher Ergebnisse fatal sein. Deshalb sollte bei dieser Aufgabe besondere Vorsicht und Konzentration gelten. Idealerweise erfolgt die Entnahme von Probematerial standardisiert.
Autor: Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für klinische Hämotherapie (IAKH) In dieser Meldung wird über einen häufigen und den Patienten gefährdenden potenziellen Fehler berichtet: Nutzt man das Lernpotenzial von spezialisierten CIRS-Systemen wie das Fehlerregister der IAKH für die Hämotherapie [1] oder das Hämovigilanzsystem in UK [2], kann man erkennen, dass die Identitätssicherung, die Indikationsstellung sowie die Fehlabnahme der Blutproben („Wrong blood in tube” WBIT) wichtige Elemente der Fehlervermeidung sind. In diesen Teilschritten des Prozesses ereignen sich die meisten Fehler. Idealerweise erfolgt die Entnahme als auch der Versand von Probematerial standardisiert auf einem hohen Niveau. Wenn es in dieser Einrichtung als zusätzliche Maßnahme so geregelt ist, dass Proben und Anforderung zusammen gesendet werden müssen, muss dieser hausinterne Standard auch konsequent verfolgt werden. In anderen Häusern ist (evtl. bei elektronischer Anforderung) es anders geregelt, z. B. dass Röhrchen und elektronischer Anforderungsschein zeitlich versetzt ins Labor kommen. Wichtig ist, dass beides entsprechend der Hämotherapie Richtlinien beschriftet ist. In wenigen Jahren werden wir voraussichtlich nur noch elektronisch signierte Anforderungen verwenden, die naturgemäß vor der Probe im Labor sind. Aber bis dahin ist es sinnvoll, dass das lokale QM-Handbuch (Hämotherapierichtlinie 2017 [3]) vorsieht, dass Proben nicht bearbeitet werden, wenn kein unterschriebener Anforderungsschein vorliegt. Auch könnte dies ein definierter Rückweisungsgrund nach RiliBÄK sein. Rationaler wäre, dass verspätete Bestätigungen der Patientenidentität unglaubwürdig sind. Gleiches gilt natürlich auch für Anforderungen, die Stunden vor der Probe eintreffen. Aus unserer Sicht wird durch den Arztvorbehalt bei der Blutentnahme und beliebig gestaltete Besonderheiten die Sicherheit der Identität für die Immunhämatologie gegenüber denen für die klinische Chemie erhöht. Da die Steuerung der Prozesse durch Formulare recht üblich ist, ist die Forderung des Melders gerechtfertigt. Der Versand der Röhrchen zusammen mit den Anforderungsscheinen ist in diesem Haus ein Maß für die Sorgfalt bei der Ausführung und die Organisation des Absenders. Die komplexe Kette von Maßnahmen mit zahlreichen Irrtums- und Fehlermöglichkeiten benötigt einen strengstens standardisierten Vorgang mit mehreren Sicherheitskontrollen. Da der gemeinsame Versand der Probengefäße zur Bestimmung der Blutgruppe und des Röhrchens zur Antikörpersuche und der Verträglichkeitsprobe zusammen mit einer Anforderung und Transfusionsanamnese des Patienten demonstriert, dass die Organisation gut, die Ausführung geordnet und alle Mitarbeiter aufmerksam sind. Zusätzlich kann das Labor dem Prozess einen zusätzlichen Sicherheitsschritt einfügen: Die Korrektheit der „Präanalytik”, also der korrekten Blutabnahme, ist dann in Zweifel zu ziehen, wenn es Abweichungen vom festgelegten Standard gibt. Hinweise auf solche Unregelmäßigkeiten und Verdachtsmomente auf Fehler hinsichtlich der Abnahme von Blutproben sollten nicht folgenlos bleiben. In einer kürzlich veröffentlichten Studie hat die Anforderung einer Wiederholungsprobe vom Einsender zur Erkenntnis geführt, dass 30% der Proben mit solchen Auffälligkeiten vom falschen Patienten stammte! [4]. Die Fehlerquote reduzierte sich um den Faktor 5. Deshalb ist es unerlässlich, das fehlerhafte etikettierte Blutproben oder Blutproben ohne Identifikation des Abnehmenden sowie ohne den Anforderungsgrund (Indikationsstellung) verworfen und nicht bearbeitet werden. Im Allgemeinen fehlt oftmals das Bewusstsein der Blutentnahme ausführenden Ärzte, als auch des bearbeitenden Stationspersonals für die Konsequenzen auftretender Fehler, die erst dann wahrgenommen werden, wenn sich ein Zwischenfall ereignet. Fehlende Beschriftung von Laborproben, histologischen Proben oder Blutentnahmen bzw. auch durch Vertauschen der Proben können schwere Folgen für die Patienten haben. Schließlich können sich aus den Untersuchungsergebnissen wichtige therapeutische Konsequenzen ergeben bzw. kann eine fehlerhafte Therapie (oder ein verspäteter Therapiebeginn) wegen falscher Ergebnisse fatal sein. Deshalb sollte bei dieser Aufgabe besondere Vorsicht und Konzentration gelten. Es ist zudem hilfreich, wenn der Entnehmende an seine Verantwortlichkeit mit einer Unterschrift auf dem Etikett oder dem Begleitschein erinnert wird, wie das in dieser Institution geregelt ist. Ein Musterformular für die Anforderung findet sich auf der Seite der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für Klinische Hämotherapie IAKH (www.IAKH.de). Wichtig in diesem Zusammenhang sind immer wieder angebotene (Auffrischungs-)Schulungen und Informationsvermittlung zum Umgang mit Kreuzblut. Gibt es im Haus eine Standardverfahrensanweisung (SOP/Verfahrensanweisung) zur Identitätssicherung bei der Abnahme von Probenmaterial? Wenn ja, wird diese von den zuständigen Mitarbeitern auch angewendet? Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter durch regelmäßige Schulungen, wäre dann erforderlich. Double-Check: richtiger Patient, richtige Probe, richtiges Etikett? Trotz der Arbeitsdichte müssen Standards eingehalten und alle Aufgaben korrekt erledigt werden. Möglich wäre der Einsatz eines Barcodescanner (bei stationär aufgenommenen Patienten, Abgleich mit dem Patientenarmband) für die Identifikation des Patienten bzw. die Zuordnung der Proben zum jeweiligen Patienten (mit Kostenaufwand verbunden und auch hier ist der Faktor Mensch beteiligt). Weitere Empfehlungen siehe unten. Prozessteilschritt:
Mögliche Konsequenzen bei einem erneuten Auftreten des Ereignisses: Katastrophal Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Ereignisses: Denkbar |