Fachkommentar zu Fall des Monats 06/2020 KH-CIRS-Netz Deutschland |
03.06.2020 |
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „Juni 2020“: „Planung bezüglich der Besetzung des Sectio-Telefons“ Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI) Download Fachkommentar Fall-Nr. 210147 (PDF) Autor: Dr. med. Simon Rieß in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) Im Bereich der Geburtshilfe ist es unerlässlich, dass interdisziplinär genaue schriftliche Absprachen zu Zuständigkeiten und Abläufen vereinbart sind. Dies wird klar von den beteiligten Fachgesellschaften gefordert. Auch gibt es eindeutige Empfehlungen zur personellen Besetzung in Kliniken mit Geburtshilfe. In der S1-Leitlinie "Empfehlungen für die strukturellen Voraussetzungen der perinatologischen Versorgung in Deutschland” ist zu lesen, dass in einer geburtshilflich tätigen Klinik eine anästhesiologisch ärztliche und pflegerische 24-Stunden-Bereitschaftsdienstleistung gewährleistet sein muss. Jede Klinik muss außerdem sicherstellen, dass "die für die Sicherheit von Mutter und Kind Entscheidungs-Entbindungszeit ("E-E-Zeit”) unter 20 Minuten jederzeit einzuhalten ist.” Die Anästhesie-Pflegekraft soll zudem in der Assistenz bei geburtshilflicher Anästhesie und Analgesie und gegebenenfalls bei der Erstversorgung von Neugeborenen ausreichend erfahren sein. Diese Empfehlungen führen dazu, dass in den meisten Kliniken ein klar definierter Arzt und eine Pflegekraft für diesen Bereich zuständig und diese natürlich mit allseits bekannten Funker- oder Telefonnummern (Stichwort "Notsectio-Telefon”) ausgestattet sind oder sogar automatisch über eine "Alarmschleife” gerufen werden können. Dadurch kann der Geburtshelfer im Notfall und möglichst ohne Verzögerung alle nötigen Personen erreichen, ohne selbst zu lange gebunden zu sein. Wenn nun, wie in diesem Fall, eine der genannten Personen durch eine andere Patientenversorgung gebunden ist, sollte sie, wenn irgendwie möglich, für einen adäquaten Ersatz sorgen, der ebenfalls schnell gerufen werden kann. Der vorliegende Fall ereignete sich im Routinebetrieb unter der Woche. Der Melder schreibt, dass mehrere erfahrene Pflegekräfte zur Verfügung gestanden wären, jedoch dies nicht "genutzt” worden war. Anstatt eine dieser Pflegekräfte entweder von vornherein für die Durchführung der Endoskopie-Narkose einzusetzen oder das Notsectio-Telefon weiterzugeben, verließ die Pflegekraft ihren eigentlichen Patienten (das Endoskopie-Kind) und gefährdete damit diesen, um in die Geburtshilfe zu eilen. Auch hierzu gibt es klare Empfehlungen der DGAI und des BDA. Laut den "Mindestanforderungen an den anästhesiologischen Arbeitsplatz” darf das Assistenzpersonal während der Ein- oder Ausleitung einer Narkose nicht mit anderen Aufgaben betreut sein und muss auch während aller übrigen Phasen der Narkose jederzeit verfügbar sein. Folglich hätte man sich entweder für die Einleitung der Endoskopie-Narkose oder für die Notsectio-Bereitschaft um eine zweite Pflegekraft kümmern müssen, vor allem, wenn es im Routinebetrieb ohne Not genügend Personal gegeben hätte. In einer ungeplanten Notfall-Situation kann von diesen Empfehlungen abgewichen werden, um einem anderen unmittelbar gefährdeten Patienten zu helfen. Aber auch dann sollte man sich vergewissern, dass die Lage bei dem ursprünglichen Patienten "stabil” ist. In dem vorliegenden Fall hätte die Intubation abgewartet werden sollen, denn bei schwer behinderten dystrophen Kindern ist häufiger mit einer Atemwegsproblematik zu rechnen und die Intubation wurde schließlich auch als schwierig beschrieben. Literatur
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