Fachkommentar zu Fall des Monats 06/2021 KH-CIRS-Netz Deutschland |
07.06.2021 |
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „Juni 2021“: „Verwendung eines passenden Schlauchsystem zur Beatmung“ Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) Der Melder beschreibt den Mangel eines Medizinproduktes: Bei der Verwendung von speziellen Kinderbeatmungsschläuchen, die laut Hersteller ab einem Gewicht von 5 kg eingesetzt werden können, beobachtet der Anwender eine CO2-Rückatmung. Da eine respiratorische Azidose droht, wird das Produkt ausgetauscht, und das Problem somit gelöst. Im Sinne der Patientensicherheit hat der Anwender alles richtig gemacht: Er hat ein Problem identifiziert, eine potentielle Patientengefährdung erkannt und eine Lösung für das Problem gefunden. In der Meldung wird leider nicht erwähnt, ob für die Lösung ein anderer Schlauchtyp verwendet wurde (Produktwechsel) oder ob ein produktgleicher Austausch erfolgte. Das ist insofern relevant, um zu unterscheiden, ob es sich um einen Fehler im Design oder um einen Produktionsfehler handelte. Grundsätzlich ist die Qualität der meisten Medizinprodukte, die wir bei unserer täglichen Arbeit verwenden, sehr gut und die Funktionalität einwandfrei. Dies ist auch wichtig, da bereits kleine Produktionsfehler schwerwiegende Auswirkungen haben können. Auf Grund dieser hohen Produktqualität muss angemerkt werden, dass vor einer „Schuldzuweisung” unbedingt überprüft werden muss, ob das Produkt gemäß den Empfehlungen des Herstellers eingesetzt wurde. Die Erfahrung zeigt, dass Anwenderfehler keine Seltenheit sind. Mögliche Einflussgrößen wären z. B. die Verwendung nicht-empfohlener Filter oder die falsche Wahl der Absaugrate bei der Probenentnahme im Nebenstrom (Messung von Atemgasen und volatilen Anästhetika). Auch muss überprüft werden, ob der Probenschlauch und die Wasserfalle einwandfrei funktionsfähig sind. Gehen wir nun davon aus, dass es sich tatsächlich um ein fehlerhaftes Medizinprodukt handelte. In diesem Fall reicht es nicht aus, eine CIRS-Meldung abzugeben, sondern es handelt sich um ein meldepflichtiges Ereignis [1, 2]. Laut Medizinproduktegesetz und Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung ist jedes Ereignis meldepflichtig, falls:
Die Meldung muss durch den Anwender erfolgen, der das Problem erkannt oder beobachtet hat. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Der Meldevorgang erfolgt online über die Webseite des Bundesamts (www.bfarm.de). Das BfArM sendet eine Eingangsbestätigung an den Melder, kontaktiert den Hersteller des Medizinproduktes und bittet ihn um eine Stellungnahme. Ziele der Meldungen sind Erhöhungen von Patienten- und Anwendersicherheit durch Produktverbesserungen. Hier hat das BfArM als Bundesoberbehörde eine gewichtigere Stimme als eine Klinik, eine Abteilung oder ein niedergelassener Anästhesist. Von den Verbesserungen des jeweiligen Medizinproduktes profitieren alle klinisch Tätigen. Unserer Meinung nach sollte daher die Hauptmotivation für die Meldung eines Vorkommnisses nicht die Erfüllung rechtlicher Vorgaben, sondern die Verbesserung des Produktes sein [1]. Zusätzlich empfehlen wir, parallel den Hersteller des Medizinproduktes zu informieren. Wir haben mit diesem Vorgehen sehr positive Erfahrungen gemacht, denn in der Regel sind die Hersteller sehr dankbar und haben großes Interesse, die Produktqualität zu verbessern und Fehler im Design oder Herstellungsprozess abzustellen. Literatur:
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