Fachkommentar zu Fall des Monats 3/2022 KH-CIRS-Netz Deutschland |
09.03.2022 |
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „März 2022“: „Transport mit laufendem Erythrozytenkonzentrat“ Autor: Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für klinische Hämotherapie (IAKH) in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) Problemanalyse Die Verabreichung einer Blutkonserve ist eine Therapie, die eine Überwachung durch medizinisch-qualifiziertes Personal erfordert. Die Original-Formulierung in der aktuellen Richtlinie Hämotherapie [1] lautet in Kap. 4.10.2. Aufgaben des transfundierenden Arztes "Während und nach der Transfusion ist für eine geeignete Überwachung des Patienten zu sorgen" und wird in den Querschnittsleitlinien [2] genau mit demselben Wortlaut wiederholt (Kap. 1.5.4, S.29). Zur Dokumentation der Anwendung heißt es dann weiter in Kap. 4.13.1 „Unerwünschte Ereignisse sind mit Datum und Angabe der Uhrzeit in der Patientenakte zu dokumentieren. Die Meldung ist nach geltenden Vorschriften vorzunehmen (s. Kapitel 6). Weiterhin sind diejenigen Dokumentationspflichten zu beachten, die sich aus dem ärztlichen Berufsrecht sowie aus § 630f Abs. 2 S. 1 BGB ergeben.” [1]. Da die Überwachung und Notfallmaßnahmen medizinische Fachkenntnis im Sinne der Richtlinie erfordern („Gemäß § 13 Abs. 2 TFG müssen Ärzte, die eigenverantwortlich Blutprodukte anwenden, ausreichende Erfahrung in dieser Tätigkeit besitzen (s. Abschnitt 6.4.1.3.1)”), Transfusionsreaktionen und Kreislaufreaktionen erkannt und behandelt werden müssen, ist die Überwachung während des Einlaufens einer Konserve über den gesamten Zeitraum notwendig, wie in Kap. 4.10.2 (s.o.) ausgeführt. Der Transport mit angehängten Infusionen und Perfusoren ist für Intensivpatienten ein etabliertes Verfahren, dort auch akzeptabel, weil Pflegepersonal in Begleitung ist. Für einen ausgewiesenen Notfall müsste man das erwarten (siehe Angaben unter Begleitumstände). Der Transport von Patienten mit dem Transport-/oder Hol-und-Bringe-Dienst ist nicht zulässig, da die Beschäftigten nicht die erforderlichen Kenntnisse und Befugnisse haben [3]. Es ist zu vermuten, da die/der Meldende bei den beitragenden Faktoren angegeben hat, dass nicht nur die Kenntnis dieser Vorgaben, sondern auch der Personalmangel eine Rolle gespielt hat, dass wie in vielen Einrichtungen durch die Arbeitsbelastung und die Personalverknappung im Pflegedienst in besonderen Situationen versucht wird, solche Transporte an den unqualifizierten Transportdienst zu delegieren. Hier ist der Patient nicht zu Schaden gekommen. Es haben sich aber auch schon tatsächliche Schadens- bis hin zu Todesfällen in dieser Konstellation ereignet. Inwiefern dem Transportdienst ein Übernahmeverschulden in solchen Fällen anzulasten ist, ist wohl vom Einzelfall abhängig. Prinzipiell haftet der verabreichende Arzt. Stimmt in diesem Fall die Indikationsstellung zur Transfusion? War diese Transfusion dringend indiziert oder nur vorsorglich zur Laborkosmetik? Offensichtlich handelte es sich beim berichteten Fall um eine Verlegung von Intensivstation (?) zu Station. Oftmals wird wegen der ungenügenden Monitoring-Möglichkeiten auf einer Normalstation und des Risikos einer Ischämie vorsorglich transfundiert und dann verlegt [4]. Im Verlegungsbericht wird dann um die Erfolgskontrolle (Hämoglobinspiegel nach Transfusion) gebeten. Inwieweit diese Vermutung hier zutrifft oder nicht, bleibt dahingestellt. Es muss jedoch klar betont werden, dass es nur unter dem Zwang eines dringlichen Notfalls im Einzelfall tolerabel sein könnte (Triage), so zu verfahren [5]. Sonst widerspricht die vorsorgliche Transfusion einer Blutkonserve ohne dringliche Indikation den Grundsätzen der kritischen Indikationsstellung nach:
Prozessqualität
Literatur
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