Fachkommentar zu Fall des Monats 1/2023 KH-CIRS-Netz Deutschland |
02.01.2023 |
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „Januar 2023“: „Anschluss von Erythrozytenkonzentraten“ Autor: Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für klinische Hämotherapie (IAKH) in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) Problemanalyse Bei der geschilderten Situation wendet der Arzt eine Technik der synchronen Transfusion mehrerer Blutkonserven an, die in der Massivtransfusion ihre Berechtigung hat. Durch den in dieser Meldung angewandten Dreiwegehahn werden die Konserven jedoch nacheinander als „Transfusionsserie” verabreicht. Die Testung beider Konserven ist eine Variante der „Oehlecker Vorprobe” [1], die für Patienten mit Autoantikörpern angewandt werden kann. In dieser Situation sichert es dem Arzt die Induktion einer Transfusionsserie, ohne dass er die zweite Konserve persönlich im Bereitschaftsdienst anhängen muss, sondern an die Pflege delegieren kann. Damit exponiert er den Patienten aber verfrüht mit den Antigenen zweier Patienten, falls die zweite Konserve gar nicht mehr notwendig ist. Die Überprüfung des Volumenstatus, der Verträglichkeit und die Erfolgskontrolle (Hämoglobinkonzentration) der ersten Konserve wären leitliniengerecht (gemäß RiLi Hämotherapie 2017 [2]) gewesen. Bei einer elektiven oder nur mäßig dringlichen Transfusionsindikation, die hier im Bereitschaftsdienst vermutlich vorgelegen hat, ist die synchrone Gabe zweier EKs deshalb nicht angeraten. Die Begründung ist die Übertransfusion mit Kreislaufüberladung (TACO) und die Exposition mit nicht unbedingt notwendigen immunologischen Effekten von Fremdblut [3, 4]. Selbst wenn der Diensthabende in seiner klinischen Einschätzung der Blutungssituation und des Volumenstatus der Patientin so sorgfältig gewesen wäre, dass er einen Volumenmangel ausgeschlossen hätte und die Blutungsquelle versiegelt wäre, könnte er nur schwer voraussagen, wie die Patientin auf die Volumenbelastung und die immunologischen Eigenschaften der zusätzlichen Konserve reagiert hätte. Eine Experteneinschätzung des Volumenstatus auch von erfahrenen Fachärzten ist deutlich ungenauer als eine kontinuierliche Messung des Volumenstatus. Der Diensthabende wird vom Meldenden als unter Zeitmangel im Bereitschaftsdienst stehenden geschildert. Es kann immer wieder einzelne Phasen geben, in denen das im Bereitschaftsdienst auftritt, sollte allerdings nicht zu Handlungen wie diesen führen. Mit der Verabreichung von zwei anstatt einer Bluteinheit ist die Korrektur der Hämoglobinkonzentration (Hb) anhaltender und deutlicher, spart eine Zwischenkontrolle und ist bei der Morgenvisite als effektive Therapie demonstrierbar. Allerdings exponiert dieses Verhalten die Patienten den Risiken für zusätzliche immunologische Effekte der Fremdbluttransfusion wie Transfusionsreaktionen, Antikörperbildung und Volumenüberladung [3, 4]. Dieses Verhalten sollte deshalb abgestellt werden, die Mitarbeiter über die negativen Folgen der Doppeleinheiten-Transfusion aufgeklärt und die Dienstbelastung reduziert werden – wenn sie nach Überprüfung zu hoch erscheint. Die korrekte und richtliniengetreue Durchführung einer Bluttransfusion (Musterverfahrensanweisung der BÄK oder der IAKH [5, 6]) sollte in Erinnerung gerufen und trainiert werden. Prozessqualität:
Strukturqualität:
Literatur:
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