Fachkommentar zu Fall Nr. 240604 KH-CIRS-Netz Deutschland |
11.01.2023 |
KH-CIRS-Netz Deutschland: Fall Nr. 240604: „Übung und Handling mit dem Tracheotomieset“ Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI) Download Fachkommentar Fall-Nr. 240604 (PDF) Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI) Thema der Meldung ist eine schwierige Intubation auf einer Intensivstation. Auf Grund der vorbekannten Zungenschwellung handelte es sich um einen erwarteten schwierigen Atemweg. Es wird ein endoskopischer Intubationsversuch erwähnt, aber Informationen, ob dieser Intubationsversuch unter erhaltener Spontanatmung oder nach Gabe von sedierenden und muskelrelaxierenden Medikamenten erfolgte, fehlen. Allerdings wird berichtet, dass eine Maskenbeatmung und die Verwendung supraglottischer Atemwegshilfen auf Grund der Schwellung nicht möglich war, so dass der Patient wahrscheinlich eine Narkose zur geplanten Intubation erhalten hatte. Diese gelang nicht und das Team musste einen infraglottischen Zugang zur Trachea herstellen. Es wurde eine Notfallkoniotomie versucht, aber das Material stellte sich als nicht geeignet heraus. Das Team wich auf ein Dilatationstracheotomieset aus und konnte so letztendlich die Oxygenierung wieder sicherstellen. Als Konsequenz aus dem Ereignis wurde ein anderes Notfallkoniotomieset angeschafft. Welche Lehren können aus dem Fall gezogen werden?
Dies alles führt dazu, dass schwierige Intubationen auf Intensivstationen viel häufiger sind als im OP-Saal [1]. Das Outcome für den Patienten kann fatal sein und ein Eskalationsalgorithmus ist in einer solchen Situation wichtig. Alle anästhesiologischen Fachgesellschaften haben inzwischen Empfehlungen für einen „Algorithmus Schwieriger Atemweg” veröffentlicht [2]. Die intensivmedizinischen Fachgesellschaften stehen hier noch am Anfang. Vorreiter sind – wie so oft, wenn es um Patientensicherheit geht – die Kollegen aus Großbritannien [3].
Eine Möglichkeit ist z.B. die Etablierung einer transtrachealen Oxygenierung mittels kleiner Kanüle, mit der nicht nur eine Sauerstoffinsufflation möglich ist, sondern über die auch ventiliert werden kann (z.B. Ventrain®). Bei schwieriger Halsanatomie kann die Punktion ultraschallgestützt durchgeführt werden und neben der Originalkanüle kann auch ein ZVK eingebracht werden, falls der Abstand Haut-Trachea sehr groß ist. Die nächste Eskalationsstufe ist eine Tracheotomie. Viele Intensivmediziner haben Erfahrung mit Dilatationstracheotomien und so wurde auch das Problem in dem Fall gelöst, auch wenn das Set zweckentfremdet wurde. Die nächste Eskalationsstufe ist eine chirurgische Notfalltracheotomie, die für den ungeübten, nicht operativ tätigen Intensivmediziner eine große Herausforderung darstellt. Eine Möglichkeit ist daher, krankenhausintern festzulegen, wer eine ggf. erforderliche Notfalltracheotomie durchführt. Ideal ist die Einrichtung einer Notfallnummer (analog zum Notkaiserschnitt), um das entsprechende Team bei Bedarf zu aktivieren.
Gelingt die Intubation mit Hilfe der Fiberoptik nicht, muss ein infraglottischer Zugang zur Trachea hergestellt werden. Wie bereits erwähnt, ist nicht jeder Intensivmediziner hierin geübt, so dass im Zweifelsfall ein erfahrender Kollege einer chirurgischen Abteilung die Tracheotomie in Lokalanästhesie durchführen sollte. Literatur:
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