CIRSmedical Anästhesiologie - Berichten und Lernen
Aufgrund verwechselter Patientenunterlagen wird vorläufige Todesfeststellung für falschen Heimbewohner ausgestellt
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Der Fall:
(Aus Gründen der Anonymität wird im Folgenden bei Personen stets die männliche Bezeichnung verwendet.)
Aufgrund verwechselter Patientenunterlagen wird vorläufige Todesfeststellung für falschen Heimbewohner ausgestellt
Wo ist das Ereignis eingetreten?
Notarztdienst
Versorgungsart?
Notfall
ASA-Klassifizierung:
ASA V
Patientenzustand:
Todesfeststellung im Pflegeheim (Asystolie)
Wichtige Begleitumstände:
nachts 3 Uhr
Fallbeschreibung:
Der Notarzteinsatz erfolgt zur Todesfeststellung in einem Pflegeheim. Es wird ein EKG-Streifen mit Asystolie ausgedruckt; eine Intervention erfolgt nicht. Hierauf wird der Vordruck „vorläufige Todesfeststellung“ (Bayern) ausgefüllt, der einer Todesfeststellung entspricht. Die endgültige Leichenschau erfolgt durch den Hausarzt (so jedenfalls ist die Vorgehensweise hier im Großraum geregelt). Vom Pflegepersonal werden die notwendigen Unterlagen gebracht (Patientenakte, KVK; mit diesen Daten wird das Formular ausgefüllt.) Beim Verlassen des Zimmers fällt an der Tür auf, dass der Name des Patienten, für den soeben die vorläufige Todesfeststellung ausgefüllt wurde, nicht auf dem Zimmerschild steht. Die darauf angesprochene Pflegekraft antwortet: „… Oh, da habe ich die falsche Akte erwischt; Moment ich hole die richtige …“.
Eigener Ratschlag (Take-Home-Message)?
Bei Todesfeststellung im Pflegeheim immer auf die Namen am Zimmereingang sehen.
Häufigkeit des Ereignisses?
nur dieses Mal
Wer berichtet?
Ärztin/Arzt
Berufserfahrung:
über 5 Jahre
Die Analyse aus der Sicht des Anästhesisten
Die vorläufige Todesfeststellung ist die in der Regel vom Notarzt durchgeführte Form der Leichenschau, da eine endgültige Leichenschau aufgrund der fehlenden Kenntnis des Verstorbenen, des erheblichen zeitlichen Aufwandes und des (z.B. nach Reanimation) notwendigen zeitlichen Abstands für den Notarzt nicht möglich ist. In der Feststellung der Identität des Verstorbenen ist er dabei auf das Vorhandensein von Ausweispapieren mit Lichtbild oder auf die zweifelsfreie Identifikation durch Angehörige/Dritte/Polizei angewiesen. Im vorliegenden Fall wurde diese Funktion des "Dritten" von einer Altenpflegekraft übernommen. "Tückisch" für den Arzt ist dabei der Umstand, dass die Identität nicht nur verbal festgelegt, sondern anhand von Patientenunterlagen "bestätigt" wird. Somit sieht der Arzt keinerlei Notwendigkeit, angesichts des mehrfach vorliegenden Namens an der Richtigkeit der Personalien zu zweifeln. Vermutlich stellt auch die Uhrzeit (3:00 morgens) einen weiteren Faktor dar, der dazu führt, sich mit den vorgelegten Informationen zufrieden zu geben. Letztlich ist es ein Zufall, der den Notarzt auf die falsche Identität auf dem Totenschein aufmerksam macht.
Als Lektion aus diesem Vorfall kann nur die Erkenntnis gelten, dass in fremder Umgebung ein Misstrauen auch angesichts des vermeintlich Offensichtlichen angebracht ist.
Die Analyse aus Sicht des Juristen
Zur korrekten Leichenschau, auch zur vorläufigen Todesfeststellung, gehört es, die Personalien des Verstorbenen zweifelsfrei festzustellen. Wenn der Verstorbene dem Arzt nicht persönlich bekannt ist, kann die Identitätsfeststellung durch Vorlage des Bundespersonalausweises erfolgen. Kann sich der Arzt bei der Angabe der Personalien nur auf Aussagen Dritter stützen, dann wird empfohlen, dies in der Todesbescheinigung ausdrücklich zu vermerken [1], zum Beispiel: "nach Angabe von Angehörigen/Dritten/Polizei". Ebenso ist zu vermerken, wenn die Identifikation des Verstorbenen nicht möglich ist.
Unrichtiges oder unvollständiges Ausfüllen einer Todesbescheinigung stellt in aller Regel keinen Straftatbestand dar, sondern wird – allerdings nicht in allen Bundesländern – nach den landesrechtlichen Bestattungs- und Leichenschauregeln als Ordnungswidrigkeit geahndet.
Die Bestattungsgesetze der Länder unterscheiden sich in Details (z. B. Verpflichtung des Notarztes zur Todesfeststellung bzw. zur Ausstellung von Todesbescheinigungen) erheblich. Deren Kenntnis ist daher unerlässlich. Ferner sollte eine konsequente Umsetzung der AWMF-Leitlinie "Regeln zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau" [2] erfolgen.
Bei vorsätzlicher Falschbeurkundung könnten die Straftatbestände der mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 StGB) und der Strafvereitelung (§ 285 StGB) eingreifen. Dafür gibt der vorliegende Fall aber keine Anhaltspunkte.
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Zur korrekten Leichenschau gehört die zweifelsfreie Feststellung der Personalien des Verstorbenen.
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Bundespersonalausweis des Verstorbenen vorlegen lassen, wenn der Verstorbene dem Arzt persönlich nicht bekannt ist.
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Auf Todesbescheinigung vermerken, falls die Angabe der Personalien sich auf Aussagen Dritter stützt oder die Identifikation des Verstorbenen nicht möglich ist.
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Landesrechtliche Bestattungs- und Leichenschauregeln beachten!
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Konsequente Umsetzung der AWMF-Leitlinie „ Regeln zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau“!
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Weiterführende Literatur:
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Madea, B: Die ärztliche Leichenschau, 2. Aufl. 2006, S. 35
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http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/054-002.html
Autoren:
E. Mertens, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Aachen
Prof. Dr. med. A. Schleppers, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Dr. iur. E. Biermann, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Ass. iur. E. Weis, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Dipl.-Sozialw. T. Dichtjar, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Dr. M. St.Pierre, Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen
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