CIRSmedical Anästhesiologie - Berichten und Lernen
Externe Ventrikeldrainage wird während einer Verlegung abgeklemmt
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Der Fall:
(Aus Gründen der Anonymität wird im Folgenden bei Personen stets die männliche Bezeichnung verwendet.)
Externe Ventrikeldrainage wird während einer Verlegung abgeklemmt
Zuständiges Fachgebiet:
Anästhesiologie
Wo ist das Ereignis eingetreten?
Notfalldienst - Rettungswesen
In welchem Bereich ist das Ereignis aufgetreten?
anderer Bereich: Rettungsdienst
Tag des berichteten Ereignisses:
Wochentag
Versorgungsart:
Notfall
ASA-Klassifizierung:
ASA IV
Patientenzustand:
Komatöser Patient
Wichtige Begleitumstände:
Notfallverlegung, später Abend
Fallbeschreibung:
Ein junger Patient wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Es wird eine schwere neurochirurgische Erkrankung mit Hirndruck diagnostiziert. Zur Erstversorgung wird eine externe Ventrikeldrainage (EVD) angelegt. Ein sehr hoher Eröffnungsdruck wird festgestellt. Der Pupillenstatus des komatösen Patienten wird als eng mit positiver Lichtreaktion und erhaltenen Kornealreflexen beschrieben. Eine operative Versorgung ist in der Klinik nicht möglich. Es erfolgt die Verlegung mit Notarzt und RTW in ein neurochirurgisches Zentrum. Der verlegende Notarzt schließt für den Transport das EVD-System. Bei Eintreffen im Ziel-Klinikum (ca. 30 min. entfernt) fallen dem entgegennehmenden Arzt weite lichtstarre Pupillen und erloschene Kornealreflexe auf. Die EVD wird wieder geöffnet, fördert aber nicht, da sie mit koaguliertem Blut verstopft ist. Es erfolgt die Gabe von Mannit, ein EVD-Systemwechsel und Anspülen. Danach ist das System wieder verwendbar und fördert reichlich Blut. In den nächsten Stunden werden die Pupillen wieder enger.
Was war besonders gut?
- Es erfolgte eine potentiell lebensrettende EVD-Anlage im erstversorgenden Klinikum.
- Bei der Übergabe in der Zielklinik wurde sofort ein neurologischer Status erhoben und die Veränderung erkannt, es wurde sofort gehandelt.
Was war besonders ungünstig?
- Die EVD wurde durch den verlegenden Notarzt verschlossen und bis zur Übergabe in der Zielklinik so belassen.
- Eine Pupillenkontrolle während des Transportes erfolgte offensichtlich nicht.
- Zu dieser Tageszeit war kein ITW oder RTH verfügbar.
Wo sehen Sie die Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können?
- Übergabe in der verlegenden Klinik.
- Lückenhafte neurologische Überwachung.
- Keine Erfahrung im Umgang mit einer EVD.
Häufigkeit des Ereignisses?
erstmalig
Wer berichtet?
Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in
Die Analyse aus Sicht des Anästhesisten
Vielen Dank für den Fall – er bietet aufgrund seiner transsektoralen Ausrichtung interessante Möglichkeiten zur Analyse.
1. Konkretes medizinisches Problem
Ein Patient mit dekompensiertem Hirndruck benötigt so rasch wie möglich eine Entlastung, die im erstversorgenden Krankenhaus vorgenommen wurde. Die Verlegung zur operativen Versorgung führte aufgrund einer verschlossenen und in der Folge durch Gerinnsel verstopften externen Ventrikeldrainage (EVD) zu einer substantiellen Gefährdung des Patienten mit Symptomen der Einklemmung.
Der Umgang mit Ventrikeldrainagen und den dazu vorgesehenen Ableitsystemen ist nicht trivial. Dies gilt insbesondere für einen Transport bei instabilem intrakraniellen Druck (intracranial pressure, ICP). Neben klassischen Überlaufsystemen mit Bürette gibt es (selten verfügbar) auch automatisierte elektrisch betriebene Systeme, die allerdings selten verfügbar sind und einen im Vergleich hohen Anschaffungspreis aufweisen. Es gibt eine Vielzahl Stellen, an denen in einer EVD und in einem Tropfkammer-/Büretten-System ein Verschluss vorliegen oder vorgenommen werden kann, unter anderem:
- In der Drainage selbst durch Debris und Gerinnsel
- Im System vor der Druckmesseinrichtung durch Dreiwegehahn
- Im System nach der Druckmesseinrichtung (korrekte Stellung Dreiwegehahn zur Druckmessung)
- An der Be- und Entlüftungsöffnung der Tropfkammer/Bürette (Klemmverschluss)
- Am Abfluss der Tropfkammer/Bürette
Dies allein zeigt eine Vielfalt von möglichen Fehlerquellen auf.
Eine zum atmosphärischen Druck hin „offene“ EVD liegt dann vor, wenn die Drainage über das Schlauchsystem in den unter Atmosphärendruck stehenden, flexiblen Drainagebeutel entleert. Bei einem Bürettensystem wird die schlagartige Entleerung des Liquorsystems nur über die Überlauffunktion der Bürette verhindert. In der Transportsituation ist eine korrekte Positionierung der Bürette in Bezug auf das Foramen Monroi (Tragus/Meatus externus) schwer möglich.
Ein Transport mit offener Drainage ist unüblich und risikobehaftet, da dieses Vorgehen das "Leerlaufen" der Ventrikel bei Fehlanwendung des Systems (System bei zu niedrigem Verschlussdruck offen, tiefhängender Überlauf) bedingen kann. Hierdurch kann eine Blutung wiedereröffnet, begünstigt oder im schlimmsten Fall induziert werden. Bei Blut im System muss aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit der Gerinnselbildung das Vorgehen differenziert abgewogen werden.
Die zu fordernde Sicherheitsleistung – insbesondere bei unklarer Entwicklung des Krankheitsbildes und bei längeren Transportzeiten – ist somit ein kontinuierliches Druck- und Kurvenmonitoring des ICP. Bei Bedarf kann der ICP dann manuell durch intermittierende Öffnung oder vorsichtiges Abziehen von Liquor entlastet werden. Im Extremfall sind die Liquorräume dann schon faktisch leer, und es kommt zu einem raschen und nicht mehr durch Liquordrainage beeinflussbaren Hirndruckanstieg. Hier sind dann weitere Maßnahmen zur Hirndrucksenkung erforderlich.
Grundsätzlich muss eine EVD zur Atmosphäre geschlossen sein, um einen ICP zu messen. Bei einem Bürettensystem heisst dies, dass entweder eine Liquordrainage oder eine Druckmessung möglich ist. Im konkreten Fall der sich anbahnenden Verstopfung der EVD wäre vermutlich das Fehlen einer pulsatilen Druckkurve und ein statischer, vielleicht auch ein erhöhter ICP aufgefallen. Die Einordnung hätte Erfahrung bei der Interpretation der Befunde vorausgesetzt. Die Pupillenkontrolle hätte das Sicherheitsniveau erhöht, stellt allerdings ein spätes Warnzeichen bei beginnender Einklemmung dar.
Ob der Zwischenfall auf Seiten des Rettungsdienstes überhaupt vermeidbar gewesen wäre, ist somit durchaus fraglich, da das System bei Abgabe des Patienten vollständig obstruiert war und die Drainage gespült werden musste. Somit wäre eine intermittierende Öffnung, vorsichtige Aspiration oder gar Spülung der EVD notwendig gewesen – ein Verfahren, dass nur vom speziell erfahrenen Intensivmediziner oder Gebietsfacharzt zu erwarten gewesen wäre.
2. Strukturvoraussetzungen für stationäre Behandlungseinrichtungen und Rettungsdienst
Das Ausgangsproblem des Patienten stellte die – letzterer nicht anzulastende – Aufnahme in eine zur Behandlung seines Leidens nicht geeignete Behandlungseinrichtung dar. Diese erstversorgende Behandlungseinrichtung beherrschte glücklicherweise die zunächst lebensrettende EVD-Anlage, allerdings war die rettungsdienstliche Infrastruktur zur Verlegung des Patienten nicht hinreichend.
Wichtig ist zunächst der Hinweis, dass eine regelmäßige Aufnahme von Patienten mit möglicher neurochirurgischer Akutversorgungsindikation möglichst in eine vollumfänglich geeignete Behandlungseinrichtung erfolgen sollte – eine Portalkrankenhauslösung ist für diese Patienten die mit Abstand zweitbeste Konstruktion. Grundsätzlich bestehen aus medizinisch-organisatorischer Sicht ähnliche Anforderungen wie bei den Tracerdiagnosen im RD (Polytrauma, SHT, Myocardinfarkt, Schlaganfall und Sepsis) bezüglich der Auswahl von Zielkrankenhäusern – der richtige Patient ins richtige Krankenhaus.
Die öffentlich-rechtliche rettungsdienstliche Infrastruktur kann im Interhospitaltransfer nicht allen komplexen Patienten gerecht werden. Hier ist insbesondere die EVD zu nennen, die einerseits eher selten bei einer Notfallverlegung vorliegt, andererseits stellt der Umgang mit EVDs – auch bei intensivmedizinisch erfahrenen Ärzten – nicht unbedingt Allgemeingut dar.
ITW und ITH als geeignetste Rettungsmittel für die Verlegung eines Patienten mit EVD stehen nicht immer zeitgerecht und flächendeckend zur Verfügung. Obwohl technisch und personell nicht besonders vorbereitet, kommen RTW und Notarzt leider häufig bei sehr kritischen Patienten wie im berichteten Fall zum Verlegungseinsatz. Nicht spezialisiertes Rettungsdienstpersonal ist in der Regel nicht in der Lage, sachgerecht mit einer EVD umzugehen. Die Qualifikationen von Notärzten steht zwar unter der Anforderung an eine „eierlegende Wollmilchsau“, ist allerdings bekanntermaßen vielfältig und uneinheitlich.
3. Schicksal oder abwendbar schwerer Verlauf – was lässt sich verbessern?
Unter diesem Hintergrund waren der Notarzt und das Rettungsdienstteam das systemisch unverschuldet schwächste Glied in der Kette. Sie hätten bei der Übergabe in der Quellklinik wohl Hilfe zur Bewältigung des Problems „Umgang mit einer EVD“ benötigt. Möglicherweise war der Notarzt aber auch in einer Zwickmühle, weil eine abgeklemmte EVD einerseits ein Standardvorgehen für den Transport darstellt, auf der anderen Seite aber wahrscheinlich keine invasive Drucküberwachung im RTW verfügbar war. Die neurologische Überwachung hätte im günstigen Fall eine langsame Mydriasis aufgezeigt und eine ICP-Entlastung ermöglicht, und im ungünstigsten Fall ein zu diesem Zeitpunkt unlösbares Problem dokumentiert – die durch Gerinnsel verschlossene EVD.
Das Umfeld dieser Fehlerentstehung ist so komplex wie ein EVD-System. Aus den Rahmenbedingungen heraus bestand eine große Wahrscheinlichkeit für einen ungünstigen und gefährlichen Verlauf.
Wo lässt sich nun für die Zukunft ansetzen?
Die Hauptpunkte Übergabe und neurologische Überwachung sind von dem Melder genannt. Sofern eine vergleichbare Situation wieder eintritt, ist eine gründliche Übergabe mit Hinweis auf das Hirndruckrisiko und der besonderen Erfordernis zur engmaschigen Pupillenkontrolle grundlegend. Letztere Maßnahme stellt eine unproblematische Anforderung dar. Es ist allerdings wohlfeil, dem Notarzt fehlende Kenntnisse im Umgang mit einer EVD zu bescheinigen – vielmehr würde das Fehlen dieser Kenntnisse im Einzelfall die Überlegung zur Begleitung des Patienten aus der abgebenden Klinik geboten erscheinen lassen – aus der Sicht des Patienten dann die tragfähigste pragmatische Lösung.
Auch wenn die Meldung vordergründig auf die Schwierigkeiten einer Verlegung mit EVD ausgerichtet war, kann man an ihr das System der Notfallversorgung transsektoral betrachten. Nur wenn alle Kettenglieder der Notfallversorgung eine vergleichbare Tragfähigkeit aufweisen, kann das System funktionieren.
- Ist die örtliche Gesamtstruktur der Notfallversorgung auf den Leitsatz "Der richtige Patient im richtigen Krankenhaus" ausgerichtet?
- Kann der rettungsdienstliche Interhospitaltransfer das typische Spektrum der zu verlegenden Notfallpatienten bewältigen?
- Muss im Einzelfall ggf. spezialisiertes Personal und zusätzliche Ausrüstung eingesetzt werden?
Die Fragen sind transsektoral zwischen mit dem Krankenhaus- und Rettungsdienstträger unter Einbeziehung des ÄLRD zu klären und könnten dann einer regionalen Lösung zugeführt werden, sofern nicht überregionale Abstimmungsmöglichkeiten wie in Bayern bestehen.
Als Lösungen wären neben vordringlich notwendiger Personalschulung innerklinisch (Übergabe) und präklinisch (Vorgehen bei Verlegung von Hirndruckpatienten) die Vorhaltung zusätzlicher spezieller Ausrüstung (Monitoring mit invasiver Druckmessung oder einer automatischen Liquordruckmess- und Drainage-Einrichtung) und – in Abwesenheit eines personell und technisch geeigneten Rettungsmittels – insbesondere die bedarfsorientierte Begleitung solcher Patienten durch einen qualifizierten Klinikarzt zu erwägen.
Die Analyse aus Sicht des Juristen
1. Allgemeine Problemstellung
Der Fall ist sicherlich geeignet, grundsätzliche Überlegungen zur Strukturqualität adäquater Patientenversorgung im gegebenen Behandlungszusammenhang anzustellen. Dies betrifft den Vergleich zwischen dem Ist-Zustand, wie er sich in der konkreten Behandlungssituation dargestellt hat, und einem prospektiv wünschenswerten Soll-Zustand, sozusagen „optimalen“ Bedingungen.
Konkret hat sich die Fallanalyse allerdings mit den Ist-Gegebenheiten der mitgeteilten Behandlungssituation im Vergleich mit dem als „Standard“ bzw. zu dessen Gewährleistung aktuell bereits vorgegebenen Soll-Zustand auseinanderzusetzen. Dies betrifft z.B. Behandlungserfordernisse, die persönliche Qualifikation von Beteiligten, die Struktur- und Prozessqualität der betroffenen medizinischen Einrichtung(en) und/oder die lokale sowie regionale Versorgungsstruktur in fallbezogenen Zusammenhängen. Lässt dieser Vergleich Divergenzen bzw. eine Differenz im Sinne einer Standardunterschreitung offenkundig werden, besteht die Gefahr zivilrechtlicher Haftung und strafrechtlicher Verantwortlichkeit, falls daraus kausal eine Schädigung des Patienten resultiert(e). Ggf. ist geboten, die Mängel, welche zu einem Abweichen vom dem Patienten zu bietenden Behandlungsstandard – samt der zugrunde liegenden Organisation – führten, unverzüglich zu beheben, um für die Zukunft die Gefährdung bzw. Schädigung von Patienten in entsprechenden Situationen zu unterbinden.
Letzteres ist auch gerade der gedankliche Ansatz des Instruments „Risikomanagement“, mittels dessen strukturiert - unter anderem auch auf der Grundlage von Fallanalysen vorliegender Art - in der Struktur- und Prozessqualität versteckte Risiken identifiziert und eliminiert werden können (vgl. dazu auch §§ 135a Abs. 2 und 136 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. SGB V sowie die insoweit ergangene Qualitätsmanagement-Richtlinie des G-BA).
2. Forensisches Risiko
Die Gefahr juristischer Konsequenzen resultiert im Ausgangspunkt aus etwaigen Sorgfaltspflichtverletzungen. Diese stellen sich zunächst als etwaige individuelle Behandlungsfehler einzelner Behandlungsakteure „am Patienten“ dar. Allerdings resultieren Behandlungsfehler oftmals aus organisatorischen Defiziten (prozessual, personell, apparativ, räumlich), welche die insoweit Leitungszuständigen als Organisationsverschulden treffen können. Denn organisatorisch muss sichergestellt sein, dass dem Patienten eine Behandlung gemäß einzuhaltendem medizinischem Standard vermittelt werden „kann“. Dabei entlastet der Hinweis auf organisatorische Mängel nicht notwendigerweise die betroffenen Behandlungsakteure. Eventuell droht der Vorwurf eines Übernahmeverschuldens, nämlich z.B. im Rahmen bekanntermaßen unzureichender Organisation tätig geworden zu sein bzw. (auch ohnehin) eigene Fähigkeiten überschätzt zu haben.
3. Auf der Grundlage der vorangehenden Ausführungen ist auf den dargestellten Fall wie folgt zurückzukommen:
- Aus juristischer Sicht wird angesichts der Sachverhaltsangabe nicht nachvollziehbar, ob medizinischer Standard vorwerfbar außer Acht geblieben ist. Dahingehende Feststellungen und Bewertungen wären im Streitfall durch einen Sachverständigen zu treffen (vgl. dazu allerdings auch die medizinische Fallanalyse; eventuell soll sogar eine objektiv unvermeidbare Komplikation eingetreten sein).
- Laut medizinischer Fallanalyse unterliegt – auch mangels weiterer Angaben – die Inanspruchnahme der erstversorgenden Klinik samt dortiger Behandlungsmaßnahmen keinem Einwand. Allerdings resultierte daraus angesichts des Befundbildes bei dem Patienten notwendigerweise die Erfordernis zur Verlegung, welche objektiv mit Defiziten einherging (zur Verfügung stehendes Transportmittel, apparative Ausstattung, für „diesen“ Patienten fragliche Qualifikation des Verlegungspersonals/Notarzt). Infolgedessen kommt in Betracht, dass der einzuhaltenden Sorgfalt entsprochen hätte, diese Defizite vorausschauend zu erkennen und unter Ausschöpfung aller eventuellen „Möglichkeiten“ von vornherein zu beheben (was von hier aus überhaupt nicht beurteilt werden kann). Insofern ist allerdings gerade in Notfallsituationen auch geboten, unter vorausschauender Einschätzung der Situation von „Routinen“ abzuweichen, um „Schutz und Sicherheit“ des Patienten als oberste Maxime (so der BGH) zu gewährleisten. So hätte theoretisch vielleicht in Betracht kommen können,
· das Neurochirurgische Zentrum bereits initial zu involvieren, damit eine „qualifizierte Abholung“ des Patienten von dort aus organisiert werden konnte,
· die Begleitung der Verlegung durch einen entsprechend qualifizierten Arzt der erstversorgenden Klinik („Intensivmediziner“) zu veranlassen,
· eine weitergehende Instruktion des Notarztes zu Kontrollmaßnahmen und etwaigen Behandlungserfordernissen vorzunehmen.
4. Mithin bietet der Fall gute Gelegenheit zu überprüfen, ob die Struktur- und Prozessqualität zum einen der erstversorgenden Klinik und zum anderen des regionalen Versorgungssystems aktuellen Anforderungen zur Gewährleistung einzuhaltenden Standards im gegebenen Behandlungszusammenhang entspricht. Festzustellende Mängel bzw. Risiken bedürfen der Abstellung. Im Einzelfall bedarf die Bewältigung von Notfallsituationen auch eines Abweichens von „Routinen“.
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Ventrikeldrainagen werden zum Transport typischerweise abgeklemmt.
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Bei instabilem ICP erfordert der Transport mit abgeklemmter Drainage invasives ICP-Druckmonitoring, neurologische Kontrollen und ggf. gezielte Hirndruckentlastung.
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Der Rettungsdienst ist in die Handhabung von EVDs im Regelfall personell und technisch nicht eingestellt.
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Maßgabe für die Behandlung des Patienten ist der insoweit konkret einzuhaltende Behandlungsstandard.
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Organisatorisch muss sichergestellt sein, dass die Behandlungsakteure gemäß einzuhaltendem Behandlungsstandard agieren können.
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Gestalten sich in einer Akutsituation die Hilfsmöglichkeiten strukturell unzulänglich, ist zu bedenken, wie „notfallmäßig“ eine standardgemäße Behandlung des Patienten bzw. dessen „Schutz und Sicherheit“ gewährleistet werden können.
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Weiterführende Literatur:
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Jakob W. et al. 1.3.2 Externe Ventrikeldrainagen. In: Spies, C. et al. SOPs in Intensivmedizin und Notfallmedizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013 DOI 10.1055/b-0034-60266
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Janisch, T. Handling und Monitoring der externen Liquorableitung – Schritt für Schritt. Intensivmed.up2date 2018. DOI 10.1055/a-0623-938.
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Fischer M. et al. Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik. Notfall Rettungsmed 2016 DOI 10.1007/s10049-016-0187-0
Autoren:
Prof. Dr. med. T. Birkholz, Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen
Rechtsanwalt R.-W. Bock, Ulsenheimer - Friederich Rechtsanwälte, Berlin
Prof. Dr. med. A. Schleppers, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Dipl.-Sozialw. T. Rhaiem, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
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